FarbFormFantasien

Die Ausstellung „FarbFormFantasien“ vereint Bilder der Maler Erich Franke, Erwin Hahs, Gerhart Hein, Curt Lahs und Heinrich Wildemann unter einem besonderen Blickwinkel: dem Dreiklang und Wechselspiel von Farbe, Form und Fantasie. Drei Skulpturen mit elementarer Ausstrahlung von Michael Schoenholtz, der zu den bedeutendsten Bildhauern seiner Generation gehört, führen das abstrakte Formenspiel in Marmor und Muschelkalk fort.

Ihre künstlerische Prägung erhielten die fünf Maler der Klassischen Moderne in unterschiedlicher Weise: Erich Franke wurde von den vielschichtigen Kunstströmungen der 1920er und 30er Jahre beeinflusst, Erwin Hahs stand in engem Kontakt zum Bauhaus und hatte als Professor an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein maßgeblich Anteil an der Entstehung der Halleschen Maler-Schule, Gerhart Hein, dessen künstlerisches Talent von Otto Mueller entdeckt wurde, absolvierte die Breslauer Kunstakademie, Curt Lahs gehörte 1918 zu den Gründungsmitgliedern der avantgardistischen Künstlervereinigung „Das Junge Rheinland“ und Heinrich Wildemann fand wichtige Anregungen bei den Expressionisten der „Brücke“ sowie nach dem Zweiten Weltkrieg bei den Künstlern der Gruppe ZEN 49, die mit ihren abstrakten Werken einen Neubeginn in der Malerei markierten.
 
Alle fünf Künstler lösten sich im Laufe ihres Schaffens weitgehend vom gegenständlichen Motiv. Farben und Formen wurden für sie zu wesentlichen Ausdrucksträgern, über die sie die Sinne und die Fantasie des Betrachters ansprechen. So zeigen die Bilder der Ausstellung harmonisch aufeinander abgestimmte oder heftig gegeneinander wogende Farben. Mit streng oder locker geführtem Pinsel entstehen melodische Schwünge, gleichsam schwebende Einzelformen, gepunktete Flächen oder akkurate grafische Strukturen. Der Farben- und Formenreichtum der Gemälde, Gouachen, Temperaarbeiten und Zeichnungen inspiriert dazu, die Wirklichkeit einmal in neuer Weise zu sehen: sie als ein Wunder der Farben und Formen zu erkennen. Der Bildhauer Michael Schoenholtz, der an der Berliner Kunsthochschule studierte und lehrte, beschäftigte sich – beginnend in den 1960er Jahren – mit dem menschlichen Körper, den er im Verlauf seines Schaffens immer stärker fragmentierte und zu blockhaften Formen abstrahierte.
 
Hier geht es zum virtuellen 3D-Rundgang durch die Ausstellung.
Erich Franke | Circus | 1937 | Gouache | 29 x 41,5 cm
Erich Franke | Circus | 1937 | Gouache | 29 x 41,5 cm

 

Erwin Hahs (1887-1970), der als Professor an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein unterrichtete, entwickelte Ende der 1920er Jahre eine meditativ abstrakte Bildsprache. In dieser etwa zehn Jahre andauernden Schaffensperiode, aus der u.a. „Goldene Linien“ von 1932 zu sehen ist, experimentierte er mit Industrielacken. Ihn faszinierte, dass der Lack „die Form auflöst und seine Schönheit in dieser wundervollen eigenen Leichtigkeit liegt.“
 
Für Curt Lahs (1893-1958), der in seinen frühen Jahren der avantgardistischen Künstlergruppe „Das Junge Rheinland“ angehörte und 1921 in der legendären Galerie von „Mutter Ey“ ausstellte, existierten die Grenzen zwischen gegenständlicher und abstrakter Malerei kaum; manchmal bestehen in seinen Werken beide Richtungen nebeneinander. Insbesondere nach 1945 schuf der Maler überwiegend abstrakte Bilder, denen ein lyrisches Lebensgefühl eigen ist. In den Kompositionen aus den 1950er Jahren, die in der Ausstellung gezeigt werden, vertraut Lahs ganz der Ausdruckskraft bewegter Formen und dem Wohlklang der Farben.
 
Heinrich Wildemann (1904-1964) erhielt wichtige Impulse für seine künstlerische Entwicklung von den Expressionisten der „Brücke“; mit Karl Schmidt-Rottluff verband ihn zudem eine enge Freundschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg bewegte sich Wildemann im Kreis von Malern wie Willi Baumeister, Ernst Wilhelm Nay, Max Ackermann und Fritz Winter, deren abstrakte Werke in Deutschland einen künstlerischen Neuanfang markierten. Auf Empfehlung von Baumeister wurde Wildemann 1955 als dessen Nachfolger und Professor für Malerei an die Kunstakademie Stuttgart berufen. Zu seiner Entwicklung sagte der Künstler: „Mein Werdegang führte mich aus eigener Erfahrung ohne fremden Einfluss vom Expressionismus über den Kubismus zum Abstrakten [...]“. In der Ausstellung werden Aquarelle aus den 1940er Jahren gezeigt.
 
Gerhart Hein (1910-1998), dessen künstlerisches Talent der Expressionist Otto Mueller entdeckt hatte, studierte ab 1929 an der Breslauer Kunstakademie. Nach Krieg und Kriegsgefangenschaft begann für ihn wieder eine Schaffensphase freier Schöpferkraft. Mitte der 1950er Jahre löste er in seinen Arbeiten die Figuration auf. Vom Kubismus inspirierte Formen führten weiter zu abstrakten Strukturen aus geometrischen Linien, die Farbflächen eingrenzen. Hein nannte diese Strukturen „imaginäre Substanz".
 
Der nur ein Jahr jüngere Erich Franke (1911-2008) absolvierte die Kunstgewerbeschule in Wiesbaden und entschied sich unter dem Einfluss der Kunstströmungen der 1920er und 30er Jahre früh für die Abstraktion. Das Theater und die Musik, mit denen er sich beruflich als Bühnenbildner befasste, bereicherten seine bildnerischen Werke durch räumliche Tiefe und tänzerische Dynamik. Sichtbar werden diese Bezüge u.a. in den Gouachen „Circus“ von 1937 und „Kultischer Ort“ von 1957, die den Betrachter in die innere Wirklichkeit des Künstlers führen.
 
Michael Schoenholtz (1937-2019) war vor allem Steinbildhauer. Der Schwere und Massigkeit des Steins entsprach Schoenholtz mit einer auf das Wesentliche konzentrierten, reduzierten Formensprache. Sie verleiht den Figuren eine würdevolle Ausstrahlung und verweist auf Schoenholtz’  künstlerische Vorbilder –  die Skulpturen der Azteken und Khmer. Parallel zu seinen bildhauerischen Arbeiten hat er auch ein reiches zeichnerisches Werk geschaffen.

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